An der ATLAS-INH-Studie nahmen ≥12-jährige Patienten mit Hämophilie A oder B und Hemmkörpern teil. Betroffene mit Antikörpern gegen Faktorprodukte haben eine höhere Krankheitslast, ein gesteigertes Blutungs- und Komplikationsrisiko. Die Small-Interfering-RNA Fitusiran induziert durch die Verminderung der Antithrombinaktivität die Steigerung von Thrombin mit einer konsekutiv verstärkten Gerinnung. Die Therapie bestätigte ihre Wirksamkeit in der hochvulnerablen Gruppe.

Als Komplementäranalyse zu ATLAS-A/B mit Patienten ohne Antikörper hatte die Studie ein sehr ähnliches Studiendesign. Die Teilnehmer wiesen eine schwere Hämophilie A (Faktor VIII <1%) oder Hämophilie B (Faktor IX ≤2%) sowie inhibitorische Antikörper gegen die Gerinnungsfaktoren auf (Nijmegen-modified Bethesda Assay ≥0,6U/ml). Die Behandlung erfolgte mit Fitusiran (80mg/Monat subkutan) und ergänzenden Gerinnungsfaktorprodukten bei Blutungen. Die Kontrollgruppe erhielt ausschließlich die Bedarfsmedikation. Alle Patienten führten ein elektronisches Tagebuch, in dem Blutungsereignisse und Medikationen festgehalten wurden. Bei Studienbeginn und vor der Auswertung erhielten >17-Jährige das validierte Haemophilia Quality of Life Questionnaire (Haem-A-QoL). Endpunkte waren u.a. die jährlichen Blutungen, Blutungsarten, Gerinnungsparameter und unerwünschte Ereignisse.

57 Jungen und Männer waren median 27 Jahre alt. 38 erhielten Fitusiran und 19 waren in der Kontrollgruppe. Die Dauer der Fitusiran-Exposition betrug 203–271 Tage (median 252d). Fitusiran bewährte sich verglichen mit der ausschließlichen Bedarfsmedikation auch bei Patienten mit Hemmkörpern:

  • jährliche Blutungen median 0 und 16,8,
  • jährliche Blutungen mean 1,7 und 18,1,
  • 90,8% reduzierte Blutungsrate,
  • keine behandelten Blutungen 66% und 5% sowie
  • behandelte Blutungen 34% und 95%.

 

Fitusiran reduzierte in Subgruppenanalysen spontane und Gelenkblutungen. Dies galt auch für Patienten mit einem besonders schweren Phänotyp der Hämophilie. Das Haem-A-QoL verbesserte sich signifikant. Dies galt besonders für die physischen Domänen (u.a. schmerzhafte Schwellungen, Gelenkschmerzen, Bewegungsschmerz und Schwierigkeiten beim Gehen).

1 Erkrankter entwickelte vorübergehend Antikörper gegen Fitusiran. 17% der Fitusiran- und 58% der Kontrollgruppe hatten schwere unerwünschte Ereignisse. Bei Fitusiran dominierten Erhöhungen der Lebertransaminasen, die teilweise zu Therapieunterbrechungen führten. 2 Patienten mit Fitusiran hatten thromboembolische Ereignisse und brachen die Behandlung ab. Patient 1 entwickelte eine tiefe Beinvenenthrombose, eine Thrombose der V. subclavia und eine Thrombophlebitis am Arm. Die Studienleitung führte dies wahrscheinlicher auf den zentralen Venenkatheter als auf Fitusiran zurück. Das Antithrombin betrug 11,9%. Bei Patient 2 wurde die Thrombose eines Spinalgefäßes vermutet. Seine Antithrombinwerte lagen bei 7,8-11,6%.

 

Fazit:

Fitusiran reduzierte die Antithrombinaktivität von durchschnittlich 104% auf 11%. Dies reduzierte die jährliche Blutungsrate signifikant und verbesserte die Lebensqualität. Die Studien zu Fitusiran belegten die Effektivität bei Patienten mit Hämophilie A und B sowie mit und ohne Antikörper gegen Faktor VIII/IX. Weitere Untersuchungen haben u.a. die Risikomitigierung und die Personalisierung bei der Anwendung zum Inhalt.

Quelle:

Autor Studienreferat: Dr. med. Susanne Krome, Melle