Emicizumab: auch bei den Kleinsten effektiv und sicher
Bei Säuglingen und Kleinkindern mit Hämophilie A ist die Blutungsvermeidung besonders wichtig. Gelenkblutungen mit konsekutiven Arthropathien und intrazerebrale Hämorrhagien können zu bleibenden Behinderungen und Entwicklungsdefiziten führen. Als Alternative zur Dauersubstitution mit Faktor VIII bietet sich der bispezifische Antikörper Emicizumab an. In der Studie HAVEN 7 erhielten Neugeborene und Säuglinge Emicizumab. Die niedrige jährliche Blutungsrate und das vorteilhafte Sicherheitsprofil sprechen für die Anwendung.
Emicizumab bindet an Faktor IXa und X und wirkt als Faktor VIII-Mimetikum. Seine lange Halbwertszeit und subkutane Applikation sind gerade bei Kindern wesentliche Vorteile. In HAVEN 7 (Emicizumab Prophylaxis in Infants with Hemophilia A) erhielten 55 Jungen mit schwerer Hämophilie A (Faktor VIII <1%) ohne Hemmkörper, einem Körpergewicht ≥3kg und einem Lebensalter ≤12 Monate nach einer Ladungsdosis 14-tägig 3mg/kg Emicizumab. Nach 52 Wochen waren kürzere und längere Intervalle mit entsprechenden Dosisanpassungen möglich. Wesentlicher Studienendpunkt war die jährliche Blutungsrate (ABR). Dabei wurden alle, behandelte, behandelte spontane und behandelte Gelenkblutungen differenziert. Bei der Sicherheitsanalyse wurden unerwünschte Ereignisse und insbesondere thromboembolische Komplikationen (TE), thrombotische Mikroangiopathien (TMA) und Anti-Emicizumab-Antikörper (ADA) ermittelt. Die fortlaufende Studie sieht einen Beobachtungszeitraum von 7 Jahren vor.
74,5% der Säuglinge hatten eine positive Familienanamnese. Vor der Teilnahme an HAVEN 7 hatten 54,5% bereits faktorbasierte Behandlungen erhalten. Das Lebensalter betrug bei Studienbeginn median 4 Monate und zum Zeitpunkt der Primäranalyse 29 Monate. Die Behandlungsdauer lag bei median 100,3 Wochen. Emicizumab überzeugte mit seltenen Blutungsereignissen:
- alle Blutungen ABR 2%,
- behandelte Blutungen ABR 0,4%,
- alle behandelten Blutungen traumatisch induziert,
- behandelte Gelenkblutungen ABR 0%,
- behandelte Muskeleinblutungen ABR 0,1%,
- keine intrazerebralen Blutungen und
- 54,5% mit 0 behandelten Blutungen.
Neue Sicherheitshinweise für Emicizumab ergaben sich nicht. Bei 16 Säuglingen (29,1%) kamen 30 schwere unerwünschte Ereignisse vor, die nicht auf den Antikörper zurückzuführen waren. TE und TMA traten nicht auf. 16,4% hatten therapieassoziierte Lokalreaktionen an den Einstichstellen.
Die Konzentrationen von Emicizumab betrugen 57-66µg/ml und lagen damit im gewünschten Bereich. Die Ag-Konzentrationen von Faktor IX und X wurden nicht beeinflusst. Die aPTT war bei der 1. Laborkontrolle nach 14 Tagen Behandlung effektiv verkürzt. Die durchschnittliche Faktor-VIII-ähnlich Aktivität stieg von 1U/dl auf 22,5U/dl in Woche 5 an. ADA kamen nicht vor.
Fazit:
Emicizumab schützte die Säuglinge vor allen und vor schweren Blutungen. Intrazerebrale Hämorrhagien kamen nicht vor, obwohl sich 4 Jungen schwer den Kopf verletzten. Die Therapieadhärenz war sehr hoch. Studienabbrüche kamen nicht vor. Laut Pipe et al. sollte möglichst früh mit der Therapie begonnen werden: 65,5% hatten vor Studieneintritt bereits ≥1 Blutung und 12,7% vor Emicizumab ≥1 Gelenkblutung gehabt.
Quelle:
Autor Studienreferat: Dr. med. Susanne Krome, Melle