Die FDA bezeichnet die Behandlung mit Efanesoctocog alfa bei der schweren Hämophilie A als „Breakthrough“-Therapie. Besondere Vorteile gegenüber der Standardtherapie sind die lange Halbwertszeit und die Abkopplung vom Von-Willebrand-Faktor. Die XTEND-1-Studie, an der auch 25 Heranwachsende teilnahmen, belegt die hohe Effektivität: Als Bedarfsmedikation und prophylaktisch war Efanesoctocog alfa dem Standard deutlich überlegen.

Im Unterschied zur Substitution von Faktor VIII handelt es sich bei Efanesoctocog alfa um rekombinanten Faktor VIII (rFVIII). An der Phase-III-Studie XTEND-1 nahmen Erkrankte mit schwerer Hämophilie A teil (Aktivität Faktor VIII < 1%), die in 2 Gruppen Efanesoctocog alfa erhielten. In Gruppe A erfolgten wöchentlich prophylaktische Infusionen über 52 Wochen. In Gruppe B erhielten die Teilnehmenden zunächst 26 Wochen bei Blutungsereignissen rFVIII. Anschließend wurde Efanesoctocog alfa für ein halbes Jahr wöchentlich als Prophylaxe appliziert. Endpunkte waren die jährliche Blutungsrate bei rFVIII und Standard (Vergleich Gruppe A mit früherer Beobachtungsstudie) sowie der prophylaktische Nutzen (Vergleich Bedarfsmedikation/Prophylaxe Gruppe B). Zu den sekundären Endpunkten gehörten u. a. die Lebensqualität, Gelenkschmerzen und die Effektivität bei Operationen.

International nahmen 159 Betroffene in 48 Zentren teil, darunter 25 Teenager > 12 Jahre. 149 Teilnehmende (94%) beendeten die Studie vollständig. In etwa der Hälfte bestanden genetische Aberrationen, die eine Bildung von FVIII-Inhibitoren begünstigen.

Die Expositionszeit betrug durchschnittlich 48,4 Tage. Die Adhärenz bezüglich der Dosis und der Anwendungsintervalle betrug in Gruppe A 98% und in Gruppe B 88%. Efanesoctocog alfa bewährte sich in beiden Gruppen:

  • Die jährliche Blutungsrate betrug in Gruppe A median 0,00 und durchschnittlich 0,71.
  • Der Switch vom Standard zum rFVIII reduzierte die Blutungsrate um 77%.
  • Der Switch von Bedarfs- auf prophylaktische Gaben (Gruppe B) senkte die jährliche Blutungsrate von 21,42 auf 0,69.
  • Mit Prophylaxe hatten 80% (Gruppe A) und 85% (Gruppe B) keine spontanen Blutungen.
  • Blutungen ereigneten sich überwiegend in der On-Demand-Phase in Gruppe B. 97% der Ereignisse wurden mit einer einzigen rFVIII-Dosis gestoppt.
  • Bei 12 Operationen bewerteten die Chirurgen und Wissenschaftler die hämostaseologischen Antworten auf präoperatives Efanesoctocog alfa als hervorragend.

 

Die Umstellung vom Standard auf rFVIII resultierte in einer verbesserten Lebensqualität und reduzierten Schmerzen. Zu Beginn der Studie nahmen 73% der Erkrankten und am Ende 80% keine Schmerzmittel ein. Alle 29 in Interviews befragten Patienten bevorzugten Efanesoctocog alfa gegenüber dem Standard.

Inhibitoren von FVIII wurden nicht entdeckt. Schwere allergische Reaktionen, Anaphylaxien und Gefäßthrombosen kamen nicht vor. 9% hatten ein relevantes unerwünschtes Ereignis. Dabei überwogen Kopfschmerzen, Arthralgien, Stürze und Rückenschmerzen. Vier Patienten entwickelten transiente substanzassoziierte Antikörper (3%), die sich nicht auf die Blutungsraten und pharmakokinetischen Ergebnisse auswirkten.

 

Fazit:

Efanesoctocog alfa schützte Patienten mit einer schweren Hämophilie A vor Blutungen, stoppte diese und eignete sich als Operationsprophylaxe. Weniger Schmerzen, eine höhere Lebensqualität und ein vertretbares Nebenwirkungsprofil ergänzten den Nutzen. Die substanziellen Verbesserungen im Vergleich zum Standard werden in laufenden Studien weiter untersucht. In XTEND-ed geht es um die langfristige Sicherheit und Effektivität. In XTEND-Kids stehen pädiatrische Patienten im Mittelpunkt.

Quelle:

Krome S. Efanesoctocog alfa für die schwere Hämophilie A. Pädiatrie up2date 2023; 18(02): 98 – 100. doi:10.1055/a-2058-1277

Publikationsdatum: 7. Juni 2023 (online)

Autor Studienreferat: Dr. med. Susanne Krome, Melle